Aug 2022

Dass Mutter und Vater mir in die Welt verhalfen, lässt sich nach heutigem Stand der Wissenschaft zweifelsfrei nachweisen. Ob darüberhinaus noch andere Urheber/innen an meinem Entstehungsprozess beteiligt waren, entzieht sich empirisch-wissenschaftlicher Erkenntnis. Wahr oder unwahr, das lässt sich nach ihrem Maßstab nicht entscheiden.

Zügelloses Wachstumsstreben mit seiner (überwohlstandsbildenden) Zielrichtung.

Interessenpolitik ist von Nachteil, ideologiegeprägte Politik erst recht. Bleibt eine Politik des Ausgleichs und der Vermittlung.

Mein Gegenüber-Ich steht mir oft im Weg, öfter als mir lieb sein kann. Im-Weg-Stehen scheint seine bevorzugte Eigenschaft zu sein.

Statt kausal zu denken und kausal-prozessual zu handeln, prozessual denken und prozessual-kausal handeln.

Man wird Geduld haben müssen mit sich, auch posthum.

Der Mensch kann seinen Sinnen nicht trauen, aber verlassen können muss er sich auf sie.

Ich könnte mich totlachen über mich, allein mir fehlt momentan der Humor.

Absicht ist in der Kunst von untergeordneter, Absichtslosigkeit von übergeordneter Bedeutung. Kann man über erstere weitgehende und durchaus effektvolle Kontrolle ausüben, führt letztere ein Eigenleben, an dem man nur auf Zeit und unvorhersehbar teilhaben kann.

Wer es zu nichts bringt, überstrapaziert den guten Willen seiner Mitmenschen (die meist gewillt sind, Vorschusslorbeeren zu verteilen). Aber was heißt: es zu etwas bringen?

Geschichte bemisst sich an Vergänglichkeit und an Vergangenem, erinnernd und mit archeologischem Eifer dokumentiert. Eindrücklich, wenn ein kreativer Geist daraus eine Geschichte macht.

Was man aufzeichnet, kann nachgelesen werden. Das verpflichtet.

Zwar würde ich mich als einen unermüdlichen Arbeiter bezeichnen, aber ich bevorzuge Arbeiten, die zu nichts führen, folgenlose sozusagen. Resultate, über die ich mir Gedanken machen müsste, sind mir unangenehm. Das würde ja in Arbeit ausarten.

Übrigens: Was ist eigentlich Arbeit?

Ad Wirtschaftswachstum. Jedem HERstellungs- müsste ein gleichberechtigter und möglichst gleichgewichtiger WEGstellungs-Prozess entsprechen.

Wir sind in erster Linie vernunftorientierte Wesen. Das Zufällige ist uns eher fremd (im tragischen Fall sogar unheimlich), geschweige denn, dass wir natürlich, wie selbstverständlich mit ihm umgehen können. Und, wer wüsste schon wie? - Kunstschaffende vielleicht. Aber die reden nicht gern darüber. Also bleibt uns nur der Kopf, um das Unberechenbare des Zufalls (mit dem umzugehen ungewohnt bis schwierig ist) zumindest scheinbar berechenbar zu machen.

Im Gegensatz zu mir bin ich im Großen und Ganzen mit mir einverstanden.

Den Satz von der Dauer beherzigen (wer hat ihn geschrieben, bzw. gedacht, und handelt es sich dabei überhaupt um einen Satz?). Sich gerade nicht ärgerlich und ungeduldig sagen: ”Mensch, dauert das wieder lang!” Sich freuen, dass (noch) Zeit ist und Zeit sein kann, scheinbar unbegrenzt, für dies und das und anderes. Sich selbst andauernd auf Dauer berufen (das könnte der Satz sein).

Eine gemeinsame Welt gibt es (heute?) nicht (mehr). Es gibt ”nur” eine Welt, in der wir uns (als Menschen) versammelt finden, und die wir uns unaufhörlich und eher nebenbei durch eine Art ästhetischen Abgleichs, also mittels unserer fünf oder mehr Sinne, zu einer (gemeinsamen) machen.

Ungemein spielversessen und trotzdem lebenstauglich zugleich. So könnte es im Persönlichkeitsprofil des ”Magister Ludi” stehen.

Fast täglich rede ich mir ein: ”Du bist jetzt Pensionär, Du hast keine beruflichen Verpflichtungen (mehr). Kein Tagessoll, keine Zielvorgabe.” Schön und gut, antworte ich mir, aber warum merke ich nichts davon? ”Weil Du so gut wie nie berufstätig warst in Deinem Leben und außerdem nicht still sitzen bleiben kannst.”

Angenommen, wir sind höhererseits nicht genau so gedacht, wie wir sind. Angenommen, es gäbe dieses höhererseits gar nicht. Dann stünde einer intensiven Selbstbearbeitung nichts mehr im Weg. Endlich könnten wir uns rückhaltlos (in manchem Fall auch rücksichtslos) anders machen, als wir sind. Keine übergeordnete Einflussnahme (nennen wir sie Gott) mehr. Statt dessen schier unbegrenzte, persönliche Freiheit. Davon träumen wir doch schon lang. Was aber, wenn gerade diese Freiheit sich eines fernen (oder nahen?) Tags als ein (gesellschaftsverbindlicher) Zwang zu Besserung und schonungsloser Selbstoptimierung entpuppt.

Der ganz moderne Zweifel (oder ist er gar nicht so modern?), eigenes Handeln wäre in der Lage, an bestehenden (Miss)Verhältnissen etwas zu ändern. Bereits während man, zum Beispiel, über den Konsument spricht und seine machtvolle Möglichkeit via Konsum, bzw. Nichtkonsum, regulierenden Einfluss zu nehmen, keimt er lähmend hoch.

Wenn etwas schief läuft, im Großen wie im Kleinen, steckt in der Regel niemand dahinter und meist will es keiner gewesen sein.

Man kann versuchen, schräge Verhältnisse gerade zu biegen. Mehr Spaß aber macht es, sich über sie und die dazugehörigen, schrägen Vögel lustig zu machen.

Ich konsumiere, also bin ich, oder von der Selbstbestimmtheit (Selbstbestimmung) eigenen Lebens.

Womit ich Geld verdiene, ist nicht unerheblich, weder für mich, noch für andere.

Der Staatsgrund liegt im Volk, also in jedem einzelnen. Soweit die hehre Idee.

Bestimmte Dinge nicht zu tun, scheint mir eine unterschätzte politische (aber nicht nur politische) Handlungsweise zu sein.

Wer lachen kann, ist noch nicht verloren.

Wer leben will, muss arbeiten. Das ist eine Existenznotwendigkeit. Wer nicht gewillt ist zu arbeiten, aus welchem Grund auch immer, wird andere für sich arbeiten lassen, oder - wenn sich niemand findet - konsequenter Weise dem Leben entsagen müssen. Insofern ist die Freiheit des Einzelnen (Freiheit von existenznotwendiger Arbeit) gekoppelt an die mehr oder weniger ausgeprägte Arbeitsgebundenheit anderer.

Zeit ist mehrheitlich zähl-, also messbare Zeit, fußend auf Veränderung (Unterschied) räumlicher Art. Jede andere Zeitauffassung (jeder andere Zeitbegriff) ruht ununterscheidbar in sich selbst.

Unveränderlich scheint mir nur (an) dauernde Veränderung zu sein. Alles dagegen, was auf Dauer zielt im Leben und in dieser Hinsicht angesprochen und besprochen wird, ist Fiktion (wenn auch hilfreiche).

Freiheit wird auch von anderen geschenkt und man selbst ist immer auch der andere.

Das Dauernde, also Ewigkeit, ist eine begriffliche Gegenposition, geboren aus dem Bewusstsein menschlicher Endlichkeit. Gelingt es dem Mensch, wie auch immer und durch was auch immer, diese Gegenposition (vorübergehend) aufzugeben, lebt er also in oder aus Dauer, löst sich diese sofort auf.

Universal scheint mir, dass alles dem Gesetz zu gehorchen scheint von (Aus) Bildung und (Auf) Lösung.

Vermutlich handelt es sich um eine Illusion zu glauben, man gewönne Zeit, indem man Veränderung beschleunigt (Räumlichkeit schneller quert). Gerade die aktuelle Gegenwart, die diesem Beschleunigungsprozess fast exzessiv huldigt, stellt unter Beweis, dass sie kaum noch Zeit hat. Sie ist geradezu eine Zeitfresserin.

Arbeiten heißt, sich mit Leben befassen. Davon Abstand nehmen, bedeutet Müßiggang. Beides in einem ist Muße.

Was macht das mit dir, wenn du dir sagst: ”Ich habe kein Sein, ich lebe im Sein und ich bin Sein an sich.”

Gegenwart ist zeitlos.

Nicht nur Geist und Seele, auch der Körper meldet sich zu Wort, wenn Langeweile ist (je ausgeprägter, desto mehr).

Heißt Altern nicht auch, sich zu fragen (und zu vergewissern), wozu man (noch) in der Lage ist? Das kann nicht diskriminierend sein, eher hilfreich, der eigenen Lebensrealität ins Auge zu schauen und sich nach ihr zu richten (auch im Verlust an Fähigkeit und Möglichem noch kreativ).

Altern, ohne alt zu werden. Ein junger Mann sein mit der Erfahrung eines Achtzigjährigen. Wäre das schön? Zum Glück gibt es den Körper, der sich einer solch absurden Idee bislang erfolgreich widersetzt. Aber die Frage ist berechtigt, wie lange noch.

Zeit ist eine Frage der Zeit.

Er konnte pendeln zwischen Muße und Alltäglichkeit. Manchmal verschwammen die Grenzen zwischen beiden Aspekten. Das waren glückliche Momente, wenn im Alltäglichen Muße aufschien, Muße zu etwas quasi Alltäglichem wurde (und umgekehrt). Er fühlte sich dann reich beschenkt (wie es so schön heißt: von den Musen geküsst).

Den Zusammenhang betrachten zwischen Muße und Bedürfnislosigkeit.

Man kann den Mensch seiner Arbeit berauben, nicht aber seines (mehr oder weniger stark ausgeprägten) Drangs, tätig zu sein.

Es gibt Tätigkeiten, die die Existenz auferlegt, und Tätigkeiten, die der Existenz abgerungen sind, zum Beispiel künstlerische. Dass der Mensch die Gabe der Fantasie besitzt und den Mut, sie zu artikulieren, ist - neben der Natur (im allgemeinen und besonderen) - ein großes Wunder. Und wie das so ist bei Wundern, man weiß nicht so recht, wo sie herkommen.

Mein Leben bestimmt mein Erkennen, wie ich es, mein Leben, erkenne. Das ist meine Perspektive, mein Okular, mein Fokus. Ich befinde mich immer im Brennpunkt (des Geschehens), ich bin der Brennpunkt.

Da kommt man zur Welt und da geht man aus der Welt. Das weiß man, mehr gibt es nicht zu sagen, und wenn doch, dann weiß man es nicht (sondern nimmt es an).

Das gedeihliche Miteinander ist eine Sache der Selbstbehauptung, die man auch anderen zugesteht.

Der totalitäre Staat (als Konstrukt totalitär strebender Menschen) hat in letzter Konsequenz die Vermassung der Menschen (die er im Grunde genommen verachtet) im Sinn. Er bedient sich dabei, mehr oder weniger offensichtlich, irgendeiner großmächtigen wie absurden Idee, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist (womit er nicht rechnet). Wann sie scheitert, ist nur eine Frage der Zeit.

Totalitäre Strukturen erkennen - durchaus dort, wo man sie nicht vermuten würde - als Aufgabe der Gegenwart.

Was ich male, habe ich selten gesehen, was ich sehe, selten gemalt. Trotzdem kam und komme ich ohne Sehen nicht aus.

Auf der Fotografie war im Hintergrund eine Hafenstadt zu erkennen, etwas in die Ferne gerückt, am Ende einer langgezogenen Bucht, die sich nach rechts durchs Bild bog. Über ihr standen Rauchsäulen, vermutlich von Explosionen. Im Vordergrund des Bildes, Strand und Meer und einige Personen, die dem Schauspiel zuschauten und sich gleichzeitig auf ein Bad im Meer zu freuen
schienen.

Auch wenn alle Menschen ästhetische Wesen sind, unterscheiden sie sich doch darin, inwieweit ihnen das bewusst ist und sie ihr Handeln danach ausrichten.

Geschmack ist so allgemein wie persönlich, je ausgeprägter, desto mehr.

Über den eigenen Tellerrand hinaussehen zu können, erfordert Einfühlungsvermögen, das wiederum eine Herzensangelegenheit ist.

Warum dieser Drang sich zu veröffentlichen? Weil man die eigene Bedeutung überschätzt oder sich erst durch Veröffentlichung eine zu verschaffen glaubt? Dann müsste Descartes’ Satz heute so lauten: ich veröffentliche mich, also bin ich. Und seine erschreckende Konsequenz so: ohne Veröffentlichung bin ich nichts.

Innerhalb des Erfahrungsschatzes menschlichen Ein- und Ausdrucksvermögens scheint mir Sinnlichkeit umfassend. Dieses Umfassende der Sinnlichkeit zu destabilisieren, daran arbeiten Manche auf je eigene Art und Weise (und mit unterschiedlichem Erfolg), warum auch immer. Solche Menschen sind mir etwas unheimlich.

Nur weil man irgendwann sterben wird, muss man doch nicht aufhören zu leben.

Mein Vorstellungsvermögen (oder auch meine Einbildungskraft) hat mit allem zu tun, was mir sinnlich möglich ist (mir über meine Sinne vermittelt werden kann).

Geschichte als wissenschaftliches Unterfangen, in die vielgestaltige Summe des Gewesenen eine vernünftige, vielleicht auch nur nachvollziehbare, Ordnung zu bringen.

Manche Wahrheit geht bei näherer Betrachtung in Auflösung über (je näher man ihr kommt, desto mehr).

Existiert also nicht wirklich etwas Wahres, kann es auch nicht wirklich etwas Falsches geben, sagte ich mir und fühlte zugleich, dass sich mit dieser Erkenntnis nur schwer leben ließe, wenn überhaupt, und schon gar nicht gut.

Wer die Wahrheit kennt, tut alles, um sie zu verschweigen, selbst wenn es gar nichts zu verschweigen gibt.

Mein seit Jahren geübter Gang in die bildnerische Einsamkeit.

Eine Unmöglichkeit und in letzter Konsequenz nicht ausnahmslos wünschenswert, sich jedes Urteils anderen, vor allem sich selbst gegenüber zu enthalten.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Halt auf freier Strecke. Warum, weiß niemand. Streckenüberlastung vermutlich. Man fasst sich in Geduld. Doch dann purzeln die Minuten und man verliert den Anschluss, zum Beispiel nach Paris.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Mitten im Ruhrgebiet und keine stabile Internetverbindung. Man könnte sich abfinden, sich sagen: wozu brauche ich jetzt eine störungsfreie Internetverbindung? Aber man runzelt ungehalten die Stirn: das kann doch nicht wahr sein!

Die korpulente Dame trägt eine luftiges Minikleid, das ihre umfangreichen Beine großzügig zur Schau stellt. Soviel Selbstbewusstsein muss man erst mal haben.

Hänge ich am Leben, an einem mir besonders vertrauten Mensch? - Was ich weiß, dass ich hänge (nicht mit suizidaler Absicht), immer irgendwo dazwischen, nicht oben, nicht unten. Wäre doch schön, festen Boden unter den Füßen zu haben. Mit beiden Beinen und so weiter … Nicht schlecht wäre eine unumstößliche Wahrheit, eine würde reichen. So aber schwebe ich dahin. Oder schwimme ich?

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Um mich herum das Gebrabbel Mitreisender. Ich habe Lautenmusik von Silvius Leopold Weiss im Ohr und das Buchgeschenk eines lieben Freundes vor Augen. So wird Nebensächliches nebensächlich.

Viel klarer ist mir, wohin ich nicht möchte, als dass ich anzugeben wüsste, wohin ich gern hinmöchten würde.

Eine ”Zukunft über die eigene Person hinaus” … Man wäre wer, ohne jemand sein zu müssen, und das auf lange Zeit, wenn nicht auf ewig.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. In Köln wechselt der Zug die Fahrtrichtung. Ein verhältnismäßig kurzer Aufenthalt eigentlich, solange eben der Lokführer braucht, um vom einen Ende des Zugs zum anderen zu laufen, denkt man sich, oder es wartet bereits die Ablösung, die nur einzusteigen braucht. Doch dann die gut gelaunte Mitteilung des leitenden Zugbegleiters, dass man noch auf der Suche nach einem Lokführer sei und hoffe, ihn demnächst zu finden. Seine Ansage klingt so, als ob er bereits draußen vor dem Dom stünde und voller Zuversicht Ausschau halten würde.

Der Verdacht drängt sich auf, dass wir in unseren Wohlstandsverhältnissen nur noch den (schwer zu erklärenden) Mangel verwalten, wohlgemerkt einen selbstverschuldeten, was immer mängelbehaftet ist. Und wer haftet für die Mängel?

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Es hat sich einer gefunden, ein Lokführer, der bereit ist, uns weiterzufahren (Originalton). Das ist doch erfreulich. Ich hoffe, dass er ausgeschlafen ist. Fahndungszeit 25 Minuten.

Dass andere von meiner Arbeit profitieren, wäre wünschenswert, ob ich selbst, eher eine Nebensächlichkeit.

Manche Bäume verlieren bereits Blätter, vermutlich die, die besonders unter der Trockenheit gelitten haben.

Ich weiß wenig bis nichts, tue aber so, als ob ich viel wüsste, und genieße die Bewunderung der Ahnungslosen.

Atheismus zu Ende gedacht? Kann man damit leben?

Mit dem Intersityexpress unterwegs. Was soll man machen, wenn die Leute das unstillbare Bedürfnis haben, gesprächig zu sein? Man hört Lautenmusik von Silvius Leopold Weiss.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Manche Fahrräder mit sich führenden Mitreisenden müssen sich immer wieder besorgt vom Sitzplatz erheben und nach hinten laufen, um nach ihren Fährrädern zu schauen, die am Ende des Wagons von der Decke hängen wie besonders fantasievoll geformte Würste. Jeder Bahnhof, jeder Zu- und Ausstieg ein potentieller Fahrradklau.