Mar 2022

Ohne Kriege - und ich weiß, dass das zynisch klingt - können Militärs gar nicht unter Beweis stellen, zu was sie im Kriegsfall in der Lage sind. Nur Übungen und Manöver reichen nicht aus, um einen hinreichenden Qualitätsnachweis militärischen Vermögens erbringen zu können. Man muss sich das vorstellen wie bei der Feuerwehr. Die braucht auch ab und an einen zünftigen Brand, um material-, system- und organisationstechnisch am Ball zu bleiben.

Was zerstört ist, kann nicht mehr stören. Irgendwann dann stört, dass das, was gestört hat und deshalb zerstört wurde, nicht mehr stört. Dann sorgt man dafür, dass es in Zukunft möglicherweise wieder stören kann.

Wenn jemand mit seinen Leiden alles um sich herum in Lähmung stürzt, außer der Fürsorge, die er geschickt auf sich zu lenken weiß.

Traum. Befinde mich in einem Haus. Das wird gerade umgebaut. Eine halbe Baustelle. Aber es stehen bereits Möbel herum. Ein Schwein läuft hin und her und macht sich ungeniert auf den Polstermöbeln breit. Ich weiß augenblicklich, dass ich in diesem Haus nicht wohnen werde.

Nimmt die Bittstellerei überhand, wird er geizig. Spätestens beim dritten Anschnorren wendet er sich ab.

Man müsste einem Staatsmann (leider handelt es sich (zu) oft um Männer), der Unheil anrichtet, sagen (auch wenn dies vermutlich nichts nützen würde), er habe nicht alle Tassen im Schrank, und dass er die, die er noch im Schrank habe, auch noch zerdeppern würde, wenn er so weitermachte. Aber das sagt niemand, und schon gar niemand aus naheliegenden Administrationen und/oder diplomatischen Kreisen. Aber schön wäre es schon, wenn es jemand sagen würde, so ganz frei heraus: dieser Staatsmann da, der hat wirklich nicht alle Tassen im Schrank.

Aber wie geht man mit jemand um, der nicht alle Tassen im Schrank hat? Ganz einfach, man muss schau’n, dass er keinen Unfug treibt, oder man meidet ihn. Das funktioniert aber nur, wenn man auch einen entsprechend großen Abstand einnehmen kann.

Preise lehnte er ab, alle und immer. Merkwürdiger Weise führte das nicht dazu, dass ihm keine mehr angeboten wurden, im Gegenteil, es wurden immer neue Preisanfragen an ihn herangetragen.

Schwenk um einhundertachtzig Grad. Jetzt auf dem Weg der Nichtigkeiten. Auch auf diesem Pfad findet man nichts (vermutlich das Beste, was einem passieren kann).

Der eigenen Hoffnung bloß keinen Inhalt verpassen, und wenn doch, dann wenigstens einen würdigen.

Am Vortag der Anruf der Spedition. Man würde die Ware am nächsten Tag zwischen neun und dreizehn Uhr anliefern. Auf meine Frage, ob die Ankunftszeit präzisiert werden könnte, die Antwort, der Fahrer könnte eine Stunde vorher anrufen. Das ist doch was, sage ich, und vielen Dank. Den ganzen nächsten Tag verbringe ich zu Hause, das Telefon in Reichweite. Aber es erfolgt kein Anruf und die Ware wird auch nicht angeliefert.

Freiheitlich-demokratische Grundordnung! Gibt es etwas Besseres?

Statt Altersengstirnigkeit Altersweitsicht. Klingt gut, sogar sehr gut, ist aber schwer zu realisieren.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Künstlerisch ist man nie mehr als man ist.

Er muss sich zu allem regelrecht zwingen. Immer ist sein Wille gefragt. Aber der schwindet. Von dem ist von Tag zu Tag weniger zu sehen. Und mit diesem Weniger gilt es zu haushalten. Abends ist er völlig erledigt. Ab ins Bett und schlafen, sein einziger Gedanke. Vermutlich altersbedingter Lebensüberdruss, versucht er sich zu beruhigen, ohne wirklich beruhigt zu sein. Dass er einmal ein durchaus lebenslustiger und agiler Mensch gewesen war? Kaum zu glauben.

Die Gefahr, dass man den Bildern aufsitzt und darüber die Geschichte aus dem Blick verliert.

Als Jugendlicher habe ich mich irgendwann gefragt: was fange ich an mit meinem Leben? Dass das nicht das letzte Mal sein würde, dass ich mir diese Frage stellen muss, sonder dass sie sich mir auch im Alter noch stellt, so ähnlich wie unähnlich zugleich, das hätte ich nicht gedacht damals. Und das Merkwürdige: ich finde auch heute keine passende Antwort.

Das Bild ist misslungen. Ich muss es tilgen. Das kommt zum Glück selten vor. Ist auch nicht sehr angenehm. Allerdings, wenn ich seine Entstehungsgeschichte auslösche, rein technisch kein Problem, ist es trotzdem fraglich, ob eine neue sich einstellen wird. Das hängt ganz davon ab, ob seine Vergangenheit bleibt, was sie ist, vergangen, und, wenn überhaupt, nur förderlich in den kommenden Bildprozess übergeht.

Wenn ich’s nicht vergesse, und ich vergesse es zu oft, sage ich immer: diesen Tag, den du gerade erlebst, wirst du kein zweites Mal erleben. Damit mache ich ihn so einzigartig, dass ich mich nicht weiter um ihn kümmern muss, was sehr entlastend ist.

Verknappung von Was-auch-immer steigert den Preis von Was-auch-immer. Überfluss von Was-auch-immer senkt ihn. Man hört dieses Märchen und glaubt es irgendwann und wird in seinem Glauben durch die realen Verhältnisse auch noch bestätigt.

Man wäre ja schön blöd, würde man aus der Verknappung von Was-auch-immer nicht Kapital schlagen.

Wer weiß, vielleicht hatten wir auch als Jäger und Sammler schräge Gedanken, aus denen wir mit mäßigem Erfolg einigermaßen gerade zu machen versuchten.

Sich mit Unerschütterlichkeit wappnen. Einen Mantel überziehen, der aus nichts anderem besteht als aus furchtloser Gelassenheit. So könnte man dem absurden Treiben zuschauen da und dort (wo’s grad am absurdesten ist), in der Annahme, es habe mit einem selbst nichts zu tun. Und man würde sich gründlich irren und könnte doch auf besagten Mantel nicht verzichten.

Auch Berührungen können schmerzen, vor allem wenn sie berühren.

Zu unterscheiden sind Machthaber und Politiker (welche zugegebenermaßen nicht immer leicht voneinander zu unterscheiden sind). Erstere können auch Politiker sein, letztere aber nie Machthaber, auch wenn ihnen gewählter Weise und auf Zeit eine gewisse Macht verliehen wird.

Dass sich die Russisch-Orthodoxe Kirche nicht deutlich distanziert von diesem Krieg, den das russische Militär im Auftrag der russischen Regierung ins Nachbarland Ukraine trägt. Das könnte ein Signal sein. Vielleicht würden Gläubige aufhorchen, wenn ihre Kirche betont, dass sie diese kriegerischen Maßnahmen nicht billigt, sondern als humanitäres Unrecht betrachtet.

Vielleicht muss man dem Geld klar und deutlich sagen, dass es nicht dahin schwimmen soll, wo es bereits ist, sondern dorthin, wo es fehlt, bzw. nötig ist.

Europa braucht eine politische Einigung, nicht nur eine wirtschaftspolitische, auch auf die Gefahr hin, dass es schrumpfen könnte.

Traum. Befinde mich im Kriegsgebiet. Detonationen, Schüsse. Qualm, Schutt und Asche. Plötzlich, wie auf ein Kommando, legen die Soldaten ihre Waffen aus der Hand und gehen furchtlos aufeinander zu. Sie fallen sich in die Arme und drücken sich herzlich, Tränen fließen. Man setzt sich zusammen, reicht Brot herum, lässt Flaschen kreisen. Man erzählt sich von zu Hause, von den Familien, den Kindern. Verständigungsprobleme gibt es nicht. Die Kommandanten sind machtlos. Ratlos stehen sie herum und wissen nicht, was sie tun sollen. Dann zucken sie mit den Achseln, setzen sich, etwas zögerlich, dazu. Allen wird plötzlich bewusst, dass sie nur Menschen sind, zerbrechliche kleine Wesen, die nichts anderes wollen, als in Frieden leben und die kleinen Freuden des Alltags genießen. Ich wache auf mit dem Gefühl, etwas ganz Reales erlebt zu haben.

Wenn ich mir vorstelle, wie sehr wir Menschen am Anfang stehen in unserer Entwicklung. Was sind ein paar hunderttausend Jahre im Vergleich zur Entwicklungszeit der Krokodile zum Beispiel.

Wieder dieser Müdigkeitstbefund. Er sitzt im Sessel, ein aufgeschlagenes Buch vor sich, und die Augen fallen ihm zu. Auch die Musik im Hintergrund vermag ihn nicht zu halten. Mitten in der Nacht wacht er auf, das Buch ist zu Boden gefallen, die Musik verklungen. Er weiß, jetzt müsste er sich erheben und ins Bett gehen, aber er schafft es nicht.

Selbst wenn Gott seine Hände im Spiel haben sollte (was nicht zu beweisen, nur zu glauben ist), das Leben ist eine Zumutung. Früher wäre diese Aussage blasphemisch gewesen und womöglich streng bestraft worden. Heute kräht kein Hahn danach. Das sagt alles, macht aber die Zumutung nicht weniger zumutbar.

Man kann unmöglich alles gelten lassen. Das schafft doch kein Mensch und wäre falsch verstandene Toleranz. Wo bliebe man denn selbst, ließe man alles gelten? Aber die eigene Gültigkeit zu allgemeiner Richtschnur erheben, das geht nun auch wieder nicht, das wäre vermessen und intolerant. Genau genommen hat man keine Wahl zwischen sich und den anderen. Man kann nicht sagen, die oder den will ich oder will ich nicht. Man hat sich (und damit vielleicht schon genug zu tun) und die anderen. Das ist wahrlich eine Aufgabe.

Er hat überhaupt keinen Respekt vor sich. Er sagt sich ohne Umschweife und ungeschminkt, was er von sich hält, und das ist selten etwas Gutes. Dass er sich selbst gegenüber befangen wäre, kann man also wirklich nicht behaupten. Man käme auch gar nicht auf diese Idee bei seinem überaus selbstgerechten, völlig von sich selbst überzeugten Gebaren. Und dann hat er mitunter auch noch Recht.

Meine Selbstachtung hat viel mit Selbst zu tun, wenig mit Achtung.

Nirgends kann ich hinschauen, ohne an irgendeiner Stelle meines Blickfelds eine benachbarte Siedlung zu sehen. Abgeschiedenheit ist etwas anderes, aber unter Leuten bin ich auch nicht.

Achte auf deine Hände. Die Linke muss immer wissen, was die Rechte macht und umgekehrt.

Bevor man sich noch mehr Gedanken macht, wie man denn endlich zu dem kommt, was man schon lange machen will, aber nie realisiert, macht man einfach, sekundenschnell entschieden, ohne sich über fehlende Zeit groß den Kopf zu zerbrechen.

Müsste er die Folgekosten all dessen, was er sich so leistet, mitberücksichtigen in seiner Lebensbilanz und aus eigener Tasche begleichen, er wäre sofort zahlungsunfähig. Lieber die unabwendbare Insolvenz verschleppen, eine Weile noch, bis es gar nicht mehr anders geht.

Modern will er schon sein, aber er weiß nicht so recht warum. Auch der scheinbar griffige Slogan ”Zukunft gestalten” hilft nicht. Er täuscht eher darüber hinweg, dass er nicht recht weiß, was Modernität ist. Nur das Neue allein kann es ja nicht sein, denkt er sich.

Die (wievielte?) Quadratur des Kreises: Sich ernst nehmen und zugleich von sich absehen.

Mit scheint, ich gehöre untrennbar zu der Sorte Mensch, die zugleich auf HIER und DORT gepolt ist. Mit anderen Worten: will ich bleiben, muss ich auf und davon, will ich mich auf den Weg machen, hänge ich fest. Ein haltloser Zustand (eigentlich), aber schon viele Jahre mein Ein und Alles.

Eine Religion, die aus nichts besteht. Nun, das ist eine Selbstverständlichkeit. Nur Konfessionen verlieren viele Worte (und Taten, auch gute) und täuschen über diese Selbstverständlichkeit hinweg.

Etwas völlig anderes ist es, Bilder zu sehen, als Bilder zu machen, auch wenn es sich um zwei Seiten ein und desselben handelt.

Was hätte ich denn zu verlieren? Wie immer, nicht viel, ehrlicherweise, also etwas schon, aber nichts der Rede wertes. Eine schöne Antwort, finde ich, nichts geringer als befreiend, und das schon immer, wenn ich’s denn je bemerkt hätte. Freisein kann nicht freier werden, vermutlich.

Wenn jemand verquere Anschauungen hat und meint, er habe diese zu Recht, und auch noch über genug Macht und Einfluss verfügt, ihnen allseits spürbare Geltung zu verschaffen, geht das selten gut. Hinterher fragt man sich gern, wenn auch zu spät, wie so einer in eine solche Machtposition hat gelangen können. Vermutlich gab es zu viele Jasager. Aber man müsste selbst erst mal nein gesagt haben.

Auf der gegenüberliegenden Hauswand im Schein der frühen Morgensonne bläuliche Schatten und Rosa. Gleich wird das Rosa nach und nach gelblicher werden, bis es später in eine strahlende, fast augenschmerzende Helligkeit übergeht.

Ich müsste mich an alles erinnern können, was ich je geschrieben habe. So ließen sich Wiederholungen vermeiden. Aber dann denke ich, auch die anderen können sich nicht erinnern, was ich zu einem früheren Zeitpunkt geschrieben habe, genau wie ich. Dann spielte es keine große Rolle, ob ich mich wiederholte. Und vielleicht, sollte ich wirklich bereits Gesagtes sagen, sage ich es ja mit anderen Worten.

Erinnerungen müssten in Stein gemeißelt werden können. So aber zeigen sie sich fluktuativ, schwer zu orten und zu zeiten, zu objektiver Weitergabe nicht zu gebrauchen. Also nichts als Anekdoten.