Was das Leseprobieren anbetrifft, muss ich noch etwas nachtragen. Manche Leseproben umfassen doch mehr als dreißig Seiten. Das hängt, so vermute ich, von der Gesamtzahl der Seiten eines Buchs ab. Je umfangreicher, desto mehr Lesestoff stellt die Leseprobe erfreulicher Weise zur Verfügung.

Es ist 5 Uhr und 51 Minuten. Soeben bin ich aufgestanden und stehe nun am Fenster meines Schlafraums. Der volle Mond leuchtet mich an und überzieht alles mit einer fahlen Helligkeit. Auf den umliegenden Dächern frostglitzert es. Aus den Schornsteinen fossiler Feuerungen quillt silbriger Rauch. Dies wird ein besonderer Tag, höre ich mich sagen, ohne dass ich genau bestimmen könnte, warum.

Jedes Kind stammt aus einer heilen Welt und bewahrt sich diese, so lang es geht (auch in einer unheilen), was dem Erwachsenen nur (noch) ausnahmsweise möglich ist.

Das eigentümliche, und darum vielleicht Besondere an seinen Tagen ist, dass es nichts zu tun gibt. Einerseits. Auf der anderen Seite frisst dieses Nichtstun (als Resultat dessen, dass es nichts zu tun gibt) diese Besonderheit seiner Tage ungeniert auf. Er müsste doch etwas tun ab und zu, damit er nichts tun könnte. Ansonsten blieben Zeiten, die einer Mahlzeit glichen, die er nie zu Gesicht bekäme, geschweige denn genießen könnte.

Ich bin ein Verfechter unscharfer Situationen. Das kommt meiner (angeborenen?) Neigung, mich nicht entschließen zu können, entgegen.

Entschließen. Was für ein bildreiches Wort. Ich lasse es in mir erklingen und sehe mich augenblicklich mit einem Schlüssel in der Hand vor einer Tür stehen, den Schlüssel ins Türschloss stecken und aufschließen. Entschließen, sage ich mir, das bedeutet in etwa öffnen, im übertragenen Sinn dann: wer sich entschließt, öffnet sich (für was auch immer).

Imperialismus lässt sich nicht beschwichtigen und religiöser Fanatismus erst recht nicht. Das liegt ausschließlich an den entsprechenden Menschen, denen man entschieden entgegentreten muss, will man seinen Frieden haben.

Auf Dauer machen mich gleichförmige Tage fertig. Ich glaube, anderen geht das auch so. Gleichförmig ist der Tod (der uns alle gleich sein lässt) und der Tod hat im Leben nichts verloren, nur am Ende, das manchmal aber mitten im Leben und sogar am Anfang stehen kann.

Ich habe im Grund nie begriffen, dass man etwas tun muss, damit es einem gut geht. Diese Logik, die sich scheinbar unaufhörlich und millionenhaft unter Beweis stellt, ist mir bis heute fremd geblieben und mein Erstaunen über die Huldigung, die man ihr entgegenbringt, groß.

Leider sind wir (noch) nicht bereit zu verzichten. Das kann uns noch teuer zu stehen kommen.