Bescheidenheit ist eine Tugend. Ich habe es nicht weit gebracht und werde es vermutlich auch nicht mehr weit bringen mit ihr. Dabei kann ich durchaus bescheiden sein. Aber meine Bescheidenheit ist eine aufgesetzte, nichts als Staffage. Eine Patina-Bescheidenheit. Kein Leuchten von Innen her. Nur oberflächlicher Schein. Hätte ich die Mittel, Ausschweifung und Luxus wären mein täglich Brot (ein völlig unpassender Vergleich in diesem Zusammenhang). So aber, mittellos, muss ich mich bescheiden, zwangsweise und entgegen meiner Neigung. Triumph eines widersprüchlichen, selbst verursachten Schicksals?

Bis zu einem gewissen Maß sind Kinder vor den Hässlichkeiten des Lebens geschützt. Nur wenn das Hässliche überhand nimmt und/oder von den Erwachsenen (warum auch immer, zumeist aus Unachtsamkeit) an sie herangetragen wird, bröckelt nach und nach der Schutz, wird löchrig, brüchig, bis er in sich zusammenfällt. Dann steht es da, das Kind, bloß, ein vorweggenommener Erwachsener, ohne ein Erwachsener sein zu können.

Auch Nicht-Handeln ist eine Form des Handelns, die zu Zeiten sogar ihre Berechtigung hat.

Wäre mein Sinnesapparat (Summe meiner Wahrnehmungsmöglichkeiten wie Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, etc.) ein anderer, wäre folglich auch die von mir wahrgenommene Welt eine andere. Kann ich daraus schließen, dass es eine Welt an sich nicht gibt?

Gleichberechtigung fordern Gesellschaften, denen die Entwicklung des Individuums am Herzen liegt. Dabei fußt diese Gleichberechtigung nicht auf Gleichheit der Menschen, sondern auf einigermaßen gleichen Verwirklichungsmöglichkeiten. Menschen sind nicht gleich, aber gleich berechtigt, sich zu entwickeln.

Künstlerische Arbeit kann dazu verleiten, sich selbst zu überschätzen (Hybris ist wohl generell eine Gefahr für den Mensch). Im gelingenden Fall hebt es das Künstler-Ich auf eine vermeintlich höhere, dem Alltagsgeschehen übergeordnete Ebene der Daseinsauffassung und -entfaltung. Dabei handelt es sich um einen verführerischen, wie sehr besonderen Trugschluss. Kunst hebt heraus, hinauf und hinein. Und manchmal führt sie ins Abseits, so nicht in den Abgrund.

Der Blick aus dem Fenster mag eine Täuschung sein, aber ich erliege dieser Täuschung gern. Schauen ist mir heilig.