Jun 2021

Wir leben mit so viel Überflüssigem um uns herum, dass das Notwendige darin verschwindet. So werden Entscheidungen von wahrer Notwendigkeit erschwert.

Technische Machbarkeit ist heute Trumpf. Ihr wird vieles untergeordnet, auch der Mensch, auch die Natur. Gerade deshalb sollte der Einsatz von Technik immer auf Mensch- und Naturverträglichkeit basieren. Das betrifft annäherungsweise auch und vor allem das eigene Handeln.

Teiresias tritt verstimmt an den Frühstückstisch. Griechenland hätte sich schon nicht qualifizieren können für die Fußball-Europameisterschaft, nun sei auch noch Deutschland aus dem Wettbewerb geflogen. Dann, nach der ersten Tasse Kaffee, hellt sich seine Miene auf. Er drücke jetzt den Dänen die Daumen. Da stimme die Einstellung.

Durchaus vorstellbar, dass es von Bedeutung sein könnte, sich ohne besondere Regung beim Scheitern zuzusehen. Man wäre vorher, sofern fortgeschritten in Reglosigkeit, der gleiche Mensch wie hinterher und könnte nach jeder Panne sagen: Schau her, da bin ich mir mal wieder voll und ganz treu geblieben.

Dem Dahinreden entsagen. Diese Worte nicht mehr. Statt dessen Sitzen, mit friedlichem Lächeln im Gesicht, das dem Lauf der Rededinge keine besondere Referenz erweist.

Manchmal kann einem das Lachen vergehen, schneller als man meint, reißt mich Teiresias aus meiner Träumerei. Gerade noch hast du friedlich gelächelt, da schmeißt der Nachbar seinen Rasenmäher an.

Wirklich lieben, das heißt voraussetzungslos lieben, können vorzugsweise Frauen. Diese Vermutung treibt ihn, der Zeit seines Lebens Liebe mit Hingerissensein verwechselt hat, immer wieder um. Wahrscheinlich, weil er genau dazu nicht in der Lage ist: voraussetzungslos zu lieben. Aber wer ist das schon, tröstet er sich mit halbseidener Genugtuung darüber hinweg.

Die Zwischenzeiten arbeiten für mich. Das ist mindestens das halbe Geheimnis meiner Kreativität.

Vergiss’ nicht, sagt Teiresias, alles, was du über andere sagst, sagst du über dich selbst.

Erfolg liegt mir fern. Gleichzeitig sehne ich ihn herbei wie das Licht der Sonne an einem trüben Novembertag, und weiß doch, wie töricht das ist.

Wie generell im Leben, meint Teiresias und klinkt sich ohne Scheu in meinen Gedanken ein, geht es auch beim Erfolg um den rechten.

Ich schraube meinen Anspruch zurück. Ich trete kürzer. Noch das Wenigste liegt mir fern und vom Fernsten kommt mir das Wenigste nah.

So wie er war, konnte er nicht dazugehören, das musste er sich eingestehen, beim letzten Glas, als es längst zu spät war, um aufzuhören. Wollte er dazugehören, müsste er anders sein, nüchtern vor allem, besser, einfach lohnender. Aber das ging nicht, das war ihm völlig unmöglich, sagte er sich, während er die Tür der Bar aufstieß und seinen alkoholdurchtränkten Körper unsicher ins Freie schob. Kalte Nachtluft flog ihm um die Ohren. Sein Herz zitterte wie Espenlaub.

Unwetter. Gestern Abend. Der Garten übersät mit Zapfen und Zweigen. Aber alle Bäume stehen noch. Statt Pinsel und Farbe heute also Schubkarre, Rechen und Besen. Danach wird der Garten so aussehen, als ob nichts gewesen wäre. Pflege der unmittelbar vor der Haustür befindlichen Natur, mit der ich mir selbst Pflege angedeihen lasse (versuche ich mir einzureden).

Der Veröffentlichungsdrang ist groß. Im Bereich der Wissenschaft wird von Veröffentlichungsdruck gesprochen. Wer nichts veröffentlicht, egal wieviel und was er zu sagen hat, ist nicht ernst zu nehmen.

Sich aufzuraffen ist dann doch eine Eigenschaft, die mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnt. Man reißt sich zusammen, überwindet einmal mehr die eigene, sich langsam enger um einen legende Mattigkeit, bis man ihr irgendwann erliegt.

Du kannst diesen unweigerlichen Alterungsprozess etwas abmildern, fügt Teiresias an, indem du dich mäßigst.

Eine innere Stimme sagt: ”Bleib’ einfach sitzen, rühr’ dich nicht vom Fleck.” Diese Stimme, schon lange vertraut, höre ich nun immer öfter.

Gegenwart ist nichts, Vergangenheit wird alles, von Zukunft war nie die Rede.

Was er so zusammen denkt! Immer öfter hat er das Gefühl, er rede Blech, hochglanzpoliertes zwar, aber doch Blech. Aber außer ihm scheint das niemand zu interessieren. Nach wie vor ist er gern gesehener Gast einschlägiger Talkrunden. Seine Eloquenz und seine vor Verriss nicht zurückschreckende Gedankenschärfe sind so beliebt wie nie.

Nichts schlimmer als ein Kreis Intellektueller, der coram publico ein drängendes gesellschaftspolitisches Problem diskutiert, sagt Teiresias.

Teiresias schaut übrigens interessiert fern (auch Talkshows), aber nicht weil er das Fernsehprogramm gelungen findet, sondern weil er, nach eigener Aussage, an ihm ablesen kann, wie es in der Gesellschaft zugeht. Ziemlich trübe übrigens, wie er meint.

Bildbetrachtung gehört zu meiner gestalterischen Arbeit. Dabei interessiert mich über den zeitlichen Bezug hinaus die Ausdruckskraft, die ein Künstler/eine Künstlerin seinem/ihrem Werk eingearbeitet hat. Bis in die Details von Pinselführung und Farbauftrag hinein spüre ich diesem kreativen Wollen nach, sauge es so weit als möglich auf, um mein eigenes Wollen anzureichern, ein Prozess expressiv-impressiver Übertragung.

Betrachten Sie die Natur als unmittelbar existentiell. Die Saatfläche draußen, irgendwo, ist nicht einfach unerschöpflicher Nutzbereich, ausgesetzt menschlichem Ausbeutungstrieb, sie ist Lebensraum erster Güte, mit dem Sie untergehen, wenn er untergeht. Oder anders gefragt: wie würde es Ihnen gehen, müssten sie leben wie die Meisten der Hühner, Schweine und Kühe in unserem Land?

Reisen zu können ist ein Zeichen von Wohlstand. Die Zahl der Reisenden eines Landes bestimmt dessen Reichtum.

Reisen ist etwas völlig anderes als unterwegs sein. Wer reist, ist auch unterwegs, aber wer unterwegs ist, reist nicht.

Wenn er unterwegs ist, redet er sich ein, er führe jetzt ein mondänes Leben. Doch diese Art Leben gibt es heute nicht mehr. Was er dafür hält, ist abgeschmackt und riecht nach unbewältigter Vergangenheit. Sein zeitweises Mondänsein ist nichts anderes als eine geschmacklose Attitüde, ein bisschen große Welt im Hinterhof eigener Provinz.

Provinzen sind immer Lieferanten, sagt Teiresias. Ohne die geht gar nichts.

Wenn er unterwegs ist, sucht er das Weite, findet sich aber immer nur in der eigenen Enge wieder.

Ich will - verdammt noch mal - nicht mehr urteilen müssen, aber will ich etwas erkennen, komme ich nicht drum herum.

Was mir im Weg steht? Die Nahrungsmittelindustrie, die Landwirtschafts- und Gesundheitspolitik, Politik ganz allgemein, die anderen erst recht, vor allem der Nachbar, mein Brett vor dem Kopf.

Wenn einer gar nicht mehr loskommt von Frauen. Er muss über sie schreiben, unaufhörlich. Und immer drehen sich seine Worte ums Eine, das Erscheinungsbild der Frau, natürlich das den Mann hinreissende, verführerische. Es geht um ihre Körperlichkeit und um sein obsessives Begehren.

Das ist nun mal eine ziemlich elementare Angelegenheit zwischen Mann und Frau, zwischen Frau und Mann, meldet sich Teiresias zu Wort, die heutzutage leicht mal unter intellektuelle Räder gerät. Der seiner selbst entfremdete moderne Mensch hat es ja nicht mehr so mit dem Elementaren. Da wird in Sachen Geschlechterbezogenheit schon mal viel behauptet und ideell, ja ideologisch, zurechtgebogen.

Übrigens, fällt Teiresias noch ein, Zeus war den Frauen verfallen, vor allem den irdischen oder halbirdischen. Was der sich da alles hat einfallen lassen für ein One-Night-Stand.

Was von Freundschaft bleibt, wenn man von ihr nichts mehr erwartet. Man hört zu, als ob man an einem einsamen Strand säße und dem immer gleichen und doch nicht gleichen Gemurmel des anlaufenden Wassers lauscht. Wehe, man sagte etwas in diese melodiöse Stille hinein.

Ich haue unaufhörlich in die Tasten, aber eigentlich fällt mir nichts ein.

Das ”pars pro toto” ist die Falle jeder Äußerung, auch der ernst zu nehmenden.

Wir sind nun da angekommen, wo die mediale Verarbeitung von Inhalten das Inhaltliche ersetzt. Will man etwas wissen, stößt man ins Leere.

Draußen sägt jemand Fliesen. Wird ein weiteres Bad renoviert?

Es gab mal eine Zeit, da nahm man an, Wissen würde das Leben erleichtern. Heute weiß man, dass das nicht stimmt (auch wenn man es nicht gern zugibt). Aus dem Wissensanspruch vergangener Zeiten ist ein ”Gewusst wo” geworden, mehr nicht.

Manchmal ist es eben nicht entscheidend, mit wem man isst, sondern was man isst. Gerade heute ist es sogar besonders entscheidend. Das war zu Epikurs Zeiten völlig anders.

Zwischendrin denkt er an ihn. Da kann er gar nichts machen, die Gedanken schleichen sich ein, einfach so. Er hat ihn dann vor Augen, wie er in seinem Büro sitzt und Kunstkataloge einschlägiger Auktionshäuser studiert, für deren Angebote ihm das nötige Geld fehlt, worunter er leidet. Er sieht sein Unglücklichsein.

Mit Menschen in Kontakt sein kann er nur, indem er sich innerlich von sich selbst entfernt, sich abtrennt von sich. Nach Außen ist er dann eine Verständnis mimende Figur, innerlich aber hohl wie ein Gefäß. Da hinein fällt, was die anderen ihm mitteilen. Man könnte ihn als Seelenmülleimer bezeichnen, als durchaus menschlichen.

Letzte Nacht hatte ich Besuch von einem Herrn in weißem Anzug und Panamahut. Er rückte sich einen Stuhl an mein Lager und schenkte sich aus einer verstaubten Flasche würzige Flüssigkeit in ein winziges Glas, deren Duft mir angenehm kitzelnd in die Nase fuhr. ”Du solltest endlich still sein, du solltest nichts mehr sagen wollen”, raunte er mir eindrücklich mit etwas brüchiger Stimme zu. ”Still sein ist die Chance für dich.” Dann zog er eine lange, ziemlich dünne Zigarre aus der Brusttasche seines Jacketts, zündete sie sich sorgfältig an und blies gelassen vielfarbige Rauchkringel über mein Bett.

Du musst dir vor Augen halten, meint Teiresias zu mir, dass es durchaus nicht selbstverständlich ist, wenn sich Menschen anderen gegenüber ohne weiteres öffnen. Da kommt es auf eine gewisse Ausstrahlung an, die ich als Vertrauenswürdigkeit bezeichnen würde.

Manche Menschen kann man nicht für dümmer halten, als sie ohnehin sind, sagt jemand, der gescheiter sein will, als er ist (was doch dumm ist von ihm).

Teiresias: Jeder macht immer da weiter, wo er aufgehört hat. Wenige haben den Mut, etwas zu überspringen, schon gar nicht den eigenen Schatten.

Am Ende des Bahnsteigs ein kleines Rondell mit roten Rosen. Befremdliche, andererseits wohltuende Behauptung pflanzlicher Gegenwart.

Er habe das letzte halbe Jahr auf Mallorca gelebt, sagte der Mann an der Kaffeetheke im Bahnhof aufgebracht. Er sei erst seit kurzem wieder in Deutschland und da wisse er nicht mehr so genau, wie es hier zugehe. Schmuddeliges T-Shirt, Schlabberhose, Badeschlappen. Von irgendwelchem Gepäck keine Spur. Eine junge Frau will helfen und spendiert dem Herrn, der erbost mit seiner ungültigen Kreditkarte herumfuchtelt, den Milchkaffee, um den es eigentlich geht, den er, der Mann aus Mallorca, sich bestellt hat, aber nach Einschätzung der misstrauischen Servicekraft nicht bezahlen kann. Ein nebenstehender Reisender meint trocken, dass sich in Deutschland ja auch sehr viel verändert habe im letzten halben Jahr, da könne man schon einmal den Überblick verlieren.

Die sogenannten Shoppingmeilen unserer Innenstädte. Immergleiche Ansichten beschämenden Überflusses. Publikumsmagneten und man weiß nicht warum. Penetrierende Eindrucksfülle. Das Nichtbesondere als Besonderheit. Hauptsache Konsumenten, Hauptsache Cash.

Teiresias hat schlechte Laune. Er will heute den Rasen mähen, aber es regnet seit Tagen, auch heute. Das Gras ist zu nass für das Handmähgerät. Jetzt weiß er nicht, was er anfangen soll mit sich und dem Tag. Verstimmt sitzt er in seiner Bildecke und brütet vor sich hin.

Mal wieder Saharastaubhimmel. Dunkel gefärbte Wolkendecke. Schmutzig-gelbliches Grau. Man könnte meinen, es wäre November, so lichtarm und trüb ist der Tag.

Wenn dir nichts anderes einfällt, schreibst du übers Wetter, stichelt Teiresias.

Egal ist mir mein Alter nicht, aber es raubt mir auch nicht den Schlaf. Ich möchte eigentlich nicht älter sein als ich alt bin.

Die Aussichten sind vor allem schlecht, weil ich nicht weiß, worauf. Das war schon immer so, was weit und tief blicken lässt.

Ich reise nur zwangsweise. Von Reiselust kann bei mir keine Rede sein. Ich kann mir schlechthin kein lohnendes Reiseziel vorstellen, das seinen Preis wert ist.

Das Ende der Wahrheit und die Grenzen des eigenen Denkvermögens.

Wenn aus Machen Machenschaften werden.

Zu erkennen, dass das Leben einer absurden Logik folgt (an sich schon etwas Absurdes), muss nicht unbedingt ein Unglück sein. Im absurdesten Moment (wobei die Steigerung des Wortes absurd etwas sehr Eigentümliches darstellt) kann besonderes Glück verborgen sein, denn das, worüber man nichts wissen und das man auch nicht benennen kann, berechtigt auch in absurden Verhältnissen sein Dasein.

Jeder Beweis eine ins Objektive gestürzte Behauptung und Behauptungswille als ins Objektive tendierende Selbstvergewisserung.

Bilder sind zwar gegenständlich, aber es gibt keine Gegenständlichkeit in ihnen. Die Behauptung der Gegenständlichkeit ist nichts anderes als eine Betrachtungsfiktion der Wiedererkennbarkeit zu Liebe. Schon der kleinste Pinselstrich im Bild, die winzigste Materialspur erteilt jeglicher Gegenständlichkeitsauffassung eine Absage.

Endstation, mein Freund, sagte der Tod und schüttelte ihm freundlich die Hand.

Wenn äußere Ereignisse die eigenen Pläne zunichte machen, schaut man, welche noch zu verwirklichen sind und/oder schmiedet neue, bis auch die von äußeren Ereignissen zunichte gemacht werden. Am Ende wird man vorübergehend immer etwas erreicht haben.

Meist stimmt die Behauptung, dass etwas notwendig sei im Leben, nicht. Wirklich notwendig im Leben ist wenig. Dass es Menschen gibt, liebenswerte Menschen, ist notwendig.

Kunstnotwendigkeit pocht auf Lebensnotwendigkeit und entzieht sich ihr zugleich.

Müsste der Mensch alle Behauptungen klitzeklein hieb- und stichfest unter Beweis stellen, meint Teiresias, würde weniger behauptet, was wahrscheinlich kein Fehler wäre.

Meist will man Recht haben, weil man sich selbst ins Recht setzen will, weniger, weil man Recht hat.

Unterwegs gibt es zwei Arten von Haltestellen, durchgehende und endende. Erstere erhalten den Bewegungsprozess der Reise, letztere markieren ihr (vielleicht nur vorübergehendes) Ende.

Je länger ich mich mit Bildender Kunst befasse, desto weniger fällt mir zum Thema Kunst ein. Die Leute, denen in diesem Zusammenhang viel einfällt - immer noch etwas Neues, bislang unausgesprochenes -, reden meist nur, wenn auch mitunter geistreich und ab und an sogar poetisch, über die Dinge, mit denen sich Kunst befasst, nicht über Kunst selbst. Denn auch sprachlich ist Kunst zu erlangen nur durch Kunst.

Jetzt hast du doch noch etwas zum Thema Kunst von dir gegeben, lacht mich Teiresias aus, obwohl du doch, nach eigener Aussage, dazu nichts mehr zu sagen hast. Wenig glaubhaft, mein Lieber, und außerdem hast du das mit „Kunst ist Kunst durch Kunst“ irgendwann schon einmal gesagt, wenn ich mich nicht täusche.

Nicht geimpft und nicht getestet ist man eine potentiell infektiöse Belastung für Mitmensch und Umwelt. Das sagt zwar kaum einer laut, aber es wird gedacht (und nicht nur in politischen Kreisen). So kommt es nicht von ungefähr, dass man unter dem nur scheinbar logischen Zwang staatlicher Infektionsverhütung von gewissen gesellschaftlichen Vergünstigungen, wie das Aufsuchen von Geschäften, Restaurants und kulturellen Veranstaltungen, ausgeschlossen bleibt, solange man keinen gültigen Impfnachweis (möglichst digitaler Beschaffenheit) oder negativen, tagesaktuellen Antigen-Test vorweisen kann. Die Gesellschaft spaltet sich in die einen und die anderen, in Wirklichkeit aber bildet sie ein beschämendes Scheidungspanorama ab von Vernunft und Übervernunft.

Ich könnte doch auch mal viel- und ganzfigurig arbeiten, oder mich dem Stilleben zuwenden. Töpfe, Krüge, Gläser, Pfannen, und Wildbrett, ein Fasan zum Beispiel. Nein, eher ein Totenkopf. Kein Stilleben ohne Symbol unaufhaltbarer Vergänglichkeit. - Oder Blumen, eine Vase mit einem farbenprächtigen Blumenstrauß? Das alles könnte ich malen, denke ich mir. Aber auf mein Denken kommt es dabei nicht an, sondern auf mein Handeln.

So, so, du hast also nichts mehr zu sagen zum Thema Kunst, stichelt Teiresias weiter.

Der Jahreszeit entsprechend steht bei mir augenblicklich Spargel auf dem Einkaufszettel. Dieses ausgesprochen gesunde und delikate Gemüse war Teiresias bislang völlig unbekannt. Nach anfänglicher Skepsis ist er jedoch auf den Geschmack gekommen. Wenn es nach ihm ginge, könnten wir jeden Tag Spargel essen (was ein arges Loch in meine eh schon nicht gerade üppig gefüllte Haushaltskasse reißen würde). Am liebsten mag Teiresias gegrillten, grünen Spargel, umwickelt mit rohem Schinken und einer Walnuss-Knoblauch-Mayonnaise. Ohne Umschweife greift er sich einen Spargel, fährt damit durch die Mayo und schiebt ihn sich genüsslich in den Mund. Ein wenig getrübt ist dieser Genuss nur durch den unvermeidlich vermehrten Harndrang, vor allem nachts (Spargel entwässert bekanntlich). Da spürt er halt doch sein Alter.

Etwas, das man wird lernen müssen: sich fern halten.

Wer redet da von Verständnis. Gehör schenken dem, was man eigentlich nicht versteht, ist schon schwer genug.

Alles einsturzgefährdet um mich herum, obwohl anscheinend wie in Beton gegossen, und ich mittendrin, gleich einer Armierung aus Glas.

Die bildliche Konstellation einer neuen Arbeit scheint aussichtsreich, ich muss sie „nur noch“ ein wenig verändern, entscheidend, so lang, bis aus der Konstellation eine Installation geworden ist.