Dass man sich irgendwann im Leben überfordert fühlt, kann passieren. Bedrängende Erlebnisse häufen sich. Von Außen kommende Herausforderungen drohen über einem zusammen zu brechen. Man weiß nicht, wo zuerst anpacken. Man fühlt sich unpassender Weise entscheidungsunfähig, obwohl gerade jetzt Entschiedenheit von Nöten wäre. Gefährlicher, weil Teil von einem selbst, sind die von Innen kommenden Überforderungen. Gemäß persönlicher Veranlagung und möglicher Weise einseitig leistungsbezogener Erziehung stürzt man sich mit schöner Regelmäßigkeit einem übersteigerten Selbstwertgefühl zu Liebe in überfordernde Situationen. Dass man sich damit auf Dauer schaden kann, blendet man aus, und dass man Grenzen hat auch. Man treibt dieses dem Ego dienende Spiel so lang, bis der Organismus die Notbremse zieht. Man fühlt sich von einem Tag auf den anderen elend, müde und leer, der Welt und sich selbst nicht mehr gewachsen, wenn nicht noch Schlimmeres einem widerfährt.

Erinnerungen sind trügerisch. Selbst dass sie verloren gegangen sind, kann trügen.

Ich bin wie alle Anderen, nur eben anders (wie alle Anderen auch). Heute ist Anderssein (um jeden Preis) Mode. Da will ich nicht hintanstehen.

Die erste (und vermutlich grundlegende) Erfahrung des Erwachsenwerdens ist das Erlebnis, allein zu sein und allein einer Welt gegenüber zu stehen. Später merkt man zwar, dass man diese Erfahrung mit anderen (mehr oder weniger) teilt, aber die einmal erlebte Vereinzelung und damit einhergehende Differenz bleibt prägendes Erlebnis. Die verloren gegangene Verbundenheit der frühen Jahre schrumpft zu einer bloßen Kindheitserinnerung und wächst sich zu einer nicht enden wollenden (Lebens) Aufgabe aus.

Haben sie auch schon erkannt, wie viel sie nicht wissen, und dass sie zwar heute mehr wissen wie früher, aber längst nicht genug? Frei nach Sokrates sind sie (wie auch ich) Wissende, deren Unwissen, trotz aller Bemühungen, nach wie vor erheblich ist. Ihr (und mein) Wissen ist mehr Verheißung als Gewissheit, und eine Verheißung, die sich nie zur Gänze erfüllen wird.

Der Typ, der ins Taxi stieg, sah nicht sehr Vertrauen erweckend aus. Seine hübsche Begleiterin allerdings schon. Sie schien so gar nicht zu ihm zu passen. Ich würde ihn heute doch sicherlich umsonst fahren, sagte er mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen. Ich kannte diesen Schläger nicht, konnte mich auch nicht erinnern, ihn schon einmal chauffiert zu haben. Wer Taxi fahren will, zahlt auch, antwortete ich unerwartet unerschrocken, und wusste sofort, dass diese Antwort alles andere als sinnvoll war. Der Typ zog denn auch genussvoll seine Knarre hervor, hielt sie mir vor die Nase und zischte, dass das keine gute Antwort sei. Ohne lang zu überlegen, eigentlich, ohne überhaupt zu überlegen, antwortete ich, dass er unter diesen Umständen besser zu Fuß gehen sollte und dass das auch seinen Kopf etwas abkühlen würde. Auch diese Antwort schien mir eher dumm, ja ausgesprochen gefährlich. In der Erwartung eines Gewaltausbruchs, wollte ich schon den Kopf einziehen, als die schöne Begleiterin ihre Hand auf den Arm des Typs legte und ihm ins Ohr hauchte, dass sie müde sei und nach Hause wolle, worauf sich seine Gesichtszüge schlagartig entspannten, er seine Knarre wegsteckte, ein dickes Geldbündel aus der Hosentasche kramte und mir wortlos einen Fünfziger hinhielt. Stimmt so, murmelte er. Die ab diesem Moment problemlose Taxifahrt kostete weniger als die Hälfte. Der Dame im Fond war ich ziemlich dankbar.