Eine Unmöglichkeit und in letzter Konsequenz nicht ausnahmslos wünschenswert, sich jedes Urteils anderen, vor allem sich selbst gegenüber zu enthalten.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Halt auf freier Strecke. Warum, weiß niemand. Streckenüberlastung vermutlich. Man fasst sich in Geduld. Doch dann purzeln die Minuten und man verliert den Anschluss, zum Beispiel nach Paris.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Mitten im Ruhrgebiet und keine stabile Internetverbindung. Man könnte sich abfinden, sich sagen: wozu brauche ich jetzt eine störungsfreie Internetverbindung? Aber man runzelt ungehalten die Stirn: das kann doch nicht wahr sein!

Die korpulente Dame trägt eine luftiges Minikleid, das ihre umfangreichen Beine großzügig zur Schau stellt. Soviel Selbstbewusstsein muss man erst mal haben.

Hänge ich am Leben, an einem mir besonders vertrauten Mensch? - Was ich weiß, dass ich hänge (nicht mit suizidaler Absicht), immer irgendwo dazwischen, nicht oben, nicht unten. Wäre doch schön, festen Boden unter den Füßen zu haben. Mit beiden Beinen und so weiter … Nicht schlecht wäre eine unumstößliche Wahrheit, eine würde reichen. So aber schwebe ich dahin. Oder schwimme ich?

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Um mich herum das Gebrabbel Mitreisender. Ich habe Lautenmusik von Silvius Leopold Weiss im Ohr und das Buchgeschenk eines lieben Freundes vor Augen. So wird Nebensächliches nebensächlich.

Viel klarer ist mir, wohin ich nicht möchte, als dass ich anzugeben wüsste, wohin ich gern hinmöchten würde.

Eine ”Zukunft über die eigene Person hinaus” … Man wäre wer, ohne jemand sein zu müssen, und das auf lange Zeit, wenn nicht auf ewig.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. In Köln wechselt der Zug die Fahrtrichtung. Ein verhältnismäßig kurzer Aufenthalt eigentlich, solange eben der Lokführer braucht, um vom einen Ende des Zugs zum anderen zu laufen, denkt man sich, oder es wartet bereits die Ablösung, die nur einzusteigen braucht. Doch dann die gut gelaunte Mitteilung des leitenden Zugbegleiters, dass man noch auf der Suche nach einem Lokführer sei und hoffe, ihn demnächst zu finden. Seine Ansage klingt so, als ob er bereits draußen vor dem Dom stünde und voller Zuversicht Ausschau halten würde.

Der Verdacht drängt sich auf, dass wir in unseren Wohlstandsverhältnissen nur noch den (schwer zu erklärenden) Mangel verwalten, wohlgemerkt einen selbstverschuldeten, was immer mängelbehaftet ist. Und wer haftet für die Mängel?

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Es hat sich einer gefunden, ein Lokführer, der bereit ist, uns weiterzufahren (Originalton). Das ist doch erfreulich. Ich hoffe, dass er ausgeschlafen ist. Fahndungszeit 25 Minuten.

Dass andere von meiner Arbeit profitieren, wäre wünschenswert, ob ich selbst, eher eine Nebensächlichkeit.

Manche Bäume verlieren bereits Blätter, vermutlich die, die besonders unter der Trockenheit gelitten haben.

Ich weiß wenig bis nichts, tue aber so, als ob ich viel wüsste, und genieße die Bewunderung der Ahnungslosen.

Atheismus zu Ende gedacht? Kann man damit leben?

Mit dem Intersityexpress unterwegs. Was soll man machen, wenn die Leute das unstillbare Bedürfnis haben, gesprächig zu sein? Man hört Lautenmusik von Silvius Leopold Weiss.

Mit dem Intercityexpress unterwegs. Manche Fahrräder mit sich führenden Mitreisenden müssen sich immer wieder besorgt vom Sitzplatz erheben und nach hinten laufen, um nach ihren Fährrädern zu schauen, die am Ende des Wagons von der Decke hängen wie besonders fantasievoll geformte Würste. Jeder Bahnhof, jeder Zu- und Ausstieg ein potentieller Fahrradklau.