Ich könnte das nicht, mich auf dem Bahnsteig aufbauen, im Rücken den vollbesetzten Zug, und pinkeln. Dieser Mann da kann das. Ungeniert öffnet er seinen Hosenstall, nestelt sein Geschlechtsteil hervor und entleert sich. Die Spritzer seines Urinstrahls beschmutzen dabei Schuhe und Hosenbeine. Das belastet ihn anscheinend nicht. Nach vollendeter Notdurft schultert er seine Einkaufstasche und trottet zum Bahnhofsausgang.

Eine zerschlissene Plastiktüte wird vom Wind ergriffen und in die Höhe getrieben. Dort segelt sie einige Zeit elegant herum. Windstöße treiben sie zu immer verrückteren Bewegungen an. Schließlich sinkt sie in einem Moment (der Windstille) träge herab und kommt auf der Handschaltung einer Fußgängerampel zum Liegen. Sie schmiegt sich derart gekonnt um sie herum, dass man fast meinen könnte, jemand hätte sie absichtlich dort platziert.

Drei Frauen beim Frühstück. Großmutter, Tochter und Tochter der Tochter. Ihre Nationalität spielt zwar keine Rolle - es könnte sich auch um Deutsche oder Spanierinnen handeln - aber da sie französisch miteinander reden, müssen sie aus Frankreich (oder Belgien) sein. Sie essen mit mehr als gesundem Appetit und sehr beredt. Mehrmals wird wortreich das Buffett aufgesucht und überladene Teller an den Tisch zurück balanciert. Am Ende des (über)üppigen Frühstücks nehmen Großmutter (etwa 70) und Tochter (etwa 50) ihre Medikamente ein (die Enkelin bedarf noch keiner Medikamente). Sie spülen sie alle auf einmal mit einem ordentlichen Schluck Milchkaffee hinunter.

Kunstsammlung NRW, Düsseldorf. Auch hier hängt ein gelungenes Bild von Jean Dubuffet. Ein Porträt, zumindest ist es so betitelt. Der Name sagt mir nichts. Ich kann auch keine konkrete Person erkennen in dem Bild, aber die dargestellte Figur trägt menschliche Züge, eindeutig. Ein starkes Bild im dubuffet’schen Sinn.

Service-Point am Bahnsteig. Der Beamte, ein junger Mann, lagert hinter einem Bildschirm. Warum, entschlüsselt sich nicht. Später steht er vor seinem Point und scheint sich über den einfahrenden ICE zu wundern, der wohl nicht der ist, den er erwartet hat, auch wenn es sich um den fahrplanmäßig richtigen handelt. Sein DB-Outfit ist, zurückhaltend gesagt, ausgefallen, kritisch betrachtet, verlottert. Nichts passt, weder Jacke, noch Weste, noch die entsprechende Hose. Man könnte Sorge haben, dass er sie gleich verliert. Nicht auszudenken, was darunter zum Vorschein käme. Und die Schuhe, so ausgetreten, als ob er sie bereits seit zwanzig Jahren Tag und Nacht tragen würde.